Axel Voss - Freier Journalist

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Zum 70. Geburtstag von James Dean

 Erschienen am 3.2.2000 in der Rhein-Zeitung

Der ewige Rebell

“Wenn ein Mann eine Brücke zwischen Tod und Leben schlagen kann... Ich meine, wenn er auch nach seinem Tod weiter lebt, dann war er ein grosser Mann!”  Natürlich hat James Byron Dean, als er dieses Zitat kurz vor seinem Tod im September 1955 auf den Lippen hatte, nicht sich selbst gemeint. James Dean war kein ein großer Mann. Eher passt das Etikett ‚Großer Schauspieler‘. Große Schauspieler sind so selten nicht.  Jedoch war er fraglos mehr als ein großer Schauspieler. James Dean gilt als Mythos. Aber auch Mythen sind im Filmgeschäft nicht rar. Humphrey Bogart gehört zweifellos in diese Kategorie, die göttliche Garbo oder auch Romy Schneider. Aber diese Mythen brauchten Jahre, Jahrzehnte oder ein Dutzend Filme, um Mythen zu werden. James Dean, der am 8. Februar 70 geworden wäre,  hat es dagegen durch drei Filme in zwei Jahren geschafft, zum Mythos, mehr noch, zur Ikone, zum Idol einer ganzen Generation zu werden. Jenseits von Eden...denn sie wissen nicht, was sie tun und Giganten reichten, um ihn unsterblich werden zu lassen.
Und er hat sogar ältere Kollegen zur Rebellion angestiftet. Dennis Hopper spielte Nebenrollen, den Goon in ...denn sie wissen nicht, was sie tun und den Jordan in Giganten. Anschließend widersetzt er sich den Spielregeln Hollywoods,  kommt auf die schwarze Liste, gilt als Rebell, und bekommt erst 1969 ein Comeback in Easy Rider, sinnigerweise in der Rolle eines Rebellen.
Marion ist eine Industriestadt in Indiana, ca. 60 Meilen nordöstlich von Indianapolis. Dort verbrachte Jimmy seine ersten Lebensjahre. Auch seine Eltern kamen aus der Gegend. Mildred stammte aus einer Methodistenfamilie und Winton konnte seine Qäkervergangenheit bis zur ‚Mayflower‘ zurückverfolgen. Als 1935 ein Job als Zahntechniker  in Santa Monica frei wurde, griff Winton zu und die Familie zog nach Kalifornien. Der Lebensstandard der Deans war nicht  hoch. Mildred Dean machte aus der Not eine Tugend, die wahrscheinlich richtungsweisend für Jimmys Zukunft sein sollte. Sie bastelte für sich und Jimmy ein kleines Theater. Auf einer Schuhkarton-Bühne entstanden selbst erdachte Spiele. Als Schauspieler hielten Puppen aus Mildreds Jugendzeit her und auch die eine oder andere Pappfigur. An manchen Tagen ließen die Beiden ihrer Fantasie freien Lauf, vergaßen  für Stunden alles um sich herum und dachten nur an eines: Theater!
Fünf Jahre lang sollte diese Idylle dauern, bis Jimmys Mutter im Mai 1940 an Krebs starb. Winton wollte die schwere Aufgabe, Jimmy alleine zu erziehen nicht auf sich nehmen. Und so wuchs Jimmy bei seiner Tante Ortense in Fairmont auf.
Hier war er jedoch plötzlich ‚der Neue‘, besonders in der Schule. Misstrauisch beäugt erlebte Jimmy genau das, was er 15 Jahre später so ausdrucksstark und überzeugend als Jim Stark in ... denn sie wissen nicht, was sie tun darstellen wird. Rebel Without a Cause, so der Originaltitel, beleuchtet die Probleme und Schwierigkeiten, denen ein junger Mensch an seinem ersten Tag an einer neuen Schule begegnet. 
Fügung oder Schicksal? An der Fairmount High School begegnet Jimmy einem Menschen, der seine Zukunft wohl maßgeblich beeinflußte: Adeline Brookshire Nall, seine Lehrerin an der High School und seine erste Schauspiellehrerein. Sie erkannte sein Talent und schlug ihm vor, an den Theateraufführungen der Schule mitzuwirken. Ein Vorschlag mit Folgen! Die Theatergruppe der Schule probte für An Apple from Coles County, ein mittelmäßiges Drama eines noch mittelmäßigeren amerikanischen Autors. Jimmy hatte eine gute Rolle in dem Stück und kümmerte sich auch um die Kulissen. Die Dramaturgie hatte an der Wand ein Schußloch vorgesehen, das Jimmy in die Kulisse zeichnen sollte. Doch das war ihm nicht echt genug. Der neunjährige Knirps besorgte sich, weiß Gott woher, einen Revolver und schoß das Loch in die Wand! Und er griff, ohne Wissen von Mrs. Nall, in die Regie ein, brachte  die Kinder dazu, am gleichen Tag fast bis Mitternacht zu proben. Anrufe empörter Eltern konnten Jimmy beirren: “Wenn man spielen möchte, muß man alles daran setzen”.
James Deans Glanzrolle während seiner Schulzeit dürfte im Abschlußjahr der Großvater Vanderhof in You Can’t Take It with You von Moss Hart und George Kaufman gewesen sein. Das Stück war 1938 unter der Regie von Frank Capra verfilmt worden und auch in Deutschland unter dem Titel ‚Lebenskünstler‘ ein Publikumserfolg. Jimmy spielte die Rolle des Großvaters trotz seiner jungen Jahre sehr überzeugend, was seine Großmutter mit den Worten kommentierte: “Schon als Kleinkind imitierte Jimmy meinen Mann, verschränkte seine Arme und marschierte ständig hinter ihm her. Das war mehr als kindische Nachäfferei. Schon damals war er fähig, eine andere Person darzustellen.”
Nach der High School zog James Dean zu seinem Vater nach Kalifornien. Winton hatte vier Jahre nach Mildreds Tod wieder geheiratet und lebte jetzt mit seiner zweiten Frau Ethel in Santa Monica bei Los Angeles. Und Winton hatte von der schauspielerischen Begabung seines Sohnes keinen blassen Dunst, hatte nicht die leiseste Ahnung, dass Jimmy  auch gekommen war, weil es am Indiana Earlham College keinen Lehrstuhl für dramatische Kunst gab.  
Und natürlich sollte Jimmy auf das Santa Monica City College. Dort wurden bodenständige Fächer wie Jura und Pädagogik gelehrt. Jimmys Wunsch nach den Brettern, die die Welt bedeuten fand kein Gehör bei seinem Vater. Erstaunlich, der Rebell gab - zunächst – nach. War es der 39er Chevy, den der Vater dem Sohn kaufte und hoffte, dadurch Jimmys Gedanken an die Schauspielerei zu zerstreuen? Jimmy schrieb sich jedenfalls nicht an der University of California Los Angeles (UCLA) ein, die einen sehr angesehenen Lehrstuhl für Theaterwissenschaften hatte, sondern für Jura am Santa Monica City College. Aber er suchte nach Alternativen und belegte zusätzlich so viele Schauspielkurse wie möglich.
Doch die UCLA lockte! Nur ein paar Monate später entschied Jimmy hier dramatische Kunst zu belegen und bekam kurze Zeit darauf die Rolle des Malcom in Shakespeares Macbeth. Walden Boyle, Professor an der Universität hatte die Spielleitung bei ‚Macbeth‘ bemerkte später: ‚Jimmy war nicht lange an der UCLA. ‚Macbeth‘ war seine einzige Aufführung. Es ging ihm alles viel zu langsam. Jimmy wollte spielen. Die akademischen Pflichten interessierten ihn nicht‘.
Über Boyle lernte Jimmy den Schauspieler James Whitmore kennen, der ihm riet, nach New York zu gehen. Hollywood war zu Beginn der Fünfziger zwar das Zentrum für musikalische Schmonzetten und Sandalenfilme, ernsthafte Schauspielerei gab es jedoch nur in New York.
Obwohl Jimmy Empfehlungsbriefe von Walden Boyle und Roger Brackett, ein CBS-Regiseur, den er über die UCLA kennenlernte, im Gepäck hatte, öffneten sie keinesfalls sofort Tür und Tor. Jimmy mußte Klinken putzen und dabei auch undankbare Aufgaben akzeptieren. Schon damals wussten die TV-Bosse, dass Zuschauer nichts lieber sehen, als völlig normale Leute, die sich gegen Geld zum Hampelmann machen, ihren Frust vor laufender Kamera zu reden oder fast unmögliche Kunststückchen versuchten. Beat the Clock war eine der beliebtesten Shows. Jimmy hatte in den Proben mit anderen jungen Schauspielern, darunter Warren Oates, die Kunststückchen zu testen.
Durchs Fernsehen lernte Dean den Agenten Louis Schurr kennen, der jedoch nicht sonderlich von dem jungen Schauspieler angetan war, doch Schurrs Mitarbeiterin, Jane Deacy erkannte das Talent. Es begann eine Geschäftsverbindung, die bis zu Jimmy Tod dauerte. Deacy war es auch, die den Kontakt zur berühmten Schauspielschule Actors Studio herstellte. Marlon Brando, Elia Kazan, Arthur Miller und Marilyn Monroe hatten die Eliteschule schon besucht. 150 Kandidaten bewarben sich um zwei Studienplätze. Einer der erfolgreichen Bewerber: Jimmy Dean,  inzwischen zu James Dean herangereift.  Zu dieser Zeit gab es ein Geheimprojekt. Jenseits von Eden sollte verfilmt werden. Keiner, außer John Steinbeck, Regisseur Elia Kazan und einigen etablierte Schauspieler, die bereits für die älteren Rollen engagiert waren, wußte etwas von diesem Projekt. Die Schlüsselrolle des Cal Trask war noch zu besetzen. In der engeren Auswahl James Dean und Paul Newman. Newman, da sechs Jahre älter als Dean, sah schon fast wie ein junger Erwachsener. Wer zu früh geboren wird, den bestraft zwar nicht das Leben, in diesem Fall aber Elia Kazan. Der Rest ist Legende. Am 30.9.1955 wollte James Dean mit seinem Porsche nach Salinas in Kalifornien fahren, um dort an einem Autorennen teilzunehmen. Um 17.45 nähert sich das Fahrzeug der Kreuzung der Route 466 und 41 in Cholame. Ein Ford, in Gegenrichtung auf der Route 466 wendet nach links. Der Zusammenstoß war unausweichlich und James Byron Dean war infolge Genickbruch auf der Stelle tot. Trotzdem ist er unsterblich, denn mit jeder rebellischen Generation wird er wiedergeboren.