Startseite

Über mich

Über meine Arbeit

Fachgebiete

 Populäre Irrtümer

Arbeitsproben

Aktuell

Kunden und Referenzen

Deutsche Sprache

Über meine Listen

Drachen

Hintersinniges

Fachinfos für
Journalisten

Impressum und Kontakt

Axel Voss - Freier Journalist

Aus meinen Arbeitsproben

Was James Bond seit 40 Jahren so alles schucken muß

 Erschienen am 25.1.2002 im Handelsblatt

Geschüttelt, nicht gerührt

James Bond kommt in die Jahre. Eigentlich hätte er längst pensioniert werden müssen, starteten doch die Dreharbeiten zum ersten Abenteuer des Superagenten vor ziemlich genau 40 Jahren, am 16.1.1962. Damals begann ein neues Zeitalter auf der Kinoleinwand. Subalterne Tresoreinbrüche und schäbige Banküberfälle waren out. Das Britische Empire stand unter Dauerbeschuss potenzieller Weltbeherrscher. Monströse Geheimorganisationen und infernalische Nuklearvandalen trachteten gleich die ganze Weltkugel zu unterjochen. 007 wußte dies zu verhindern. Und zwar, abgesehen von einigen dramaturgischen Pannen, immer formvollendet und mit Stil. Sein ausgeprägter Sachverstand für Champagner wurde bereits im ersten Bond-Streifen Dr. No. deutlich. Hier greift Bond sich eine Flasche, um sie als Waffe einzusetzen, den Oberschurken zu meucheln. Als Dr. No den Superagenten darauf hinwies, es handele sich um einen 55er Dom Perignon und es wäre doch schade, die Flasche zu beschädigen, entgegnete 007, er bevorzuge den 53er. Bonds Standpunkt macht Sinn, berücksichtigt man, dass Dr. No 1962 entstand. Der 55er Dom Perignon war also gerade sieben Jahre alt, unter Kennern für ein Jahrgangsgewächs noch zu jung um genossen zu werden. Zwar gilt nach dem strengen Codex der französischen Kellermeister lediglich die Auflage, die Weine mindestens drei Jahre ruhen zu lassen. Es kommt aber höchst selten vor, dass ein Brut mit Jahrgangsprädikat vor Ablauf von sieben Jahren seinen Zufluchtsort, die tiefen dunklen Gewölbe in den Kreidefelsen der Champagne, verläßt.

Selbst in Goldfinger (entstanden 1964) bevorzugt Bond noch den 53er, genauer gesagt, er wollte. Jedoch hatte die Flasche trotz Eiswürfeln im Kelch am Fuße des Betts, in dem Bond, selbstverständlich in Begleitung eines schönen Mädchens, lag, Temperatur angenommen, was 007 zu der Bemerkung veranlasste: “Mein liebes Kind, es gibt Dinge, die man einfach nicht tut. Man trinkt zum Beispiel nie einen 53er Dom Perignon, wenn er eine Temperatur über 8 Grad hat. Das wäre genau so, als höre man den Beatles ohne Ohrenschützer zu!” Erst in Feuerball (1965) bestellt der Superagent im Restaurant des Casinos einen 55er Dom Perignon, vermutlich, weil er dem Tropfen nunmehr die erforderliche Reife zugesteht.
In Diamantenfieber kommt es zu einer Besprechung zwischen dem Edelsteinexperten Sir Donald Munger, Bond und M. Sir Donald bietet den beiden einen Sherry an. Während M mit Hinweis auf die Empfehlungen seines Hausarztes ablehnt, akzeptiert Bond die Einladung, kostet den Sherry und meint: “Schade um Ihre Leber, Sir. Ein außergewöhnlicher Solera. Ich nehme an, ein 51er. M runzelt die Stirn und entgegnet schroff: “ Es gibt keinen Jahrgangs-Sherry, 007”. Daraufhin Bond: “Ich meinte den Wein, aus dem dieser Sherry gemacht wurde, Sir. Und das ist zweifellos ein 1851er”. Sir Donald ergänzt: “Präzise!”
Solera ist der Name des das traditionellen spanische Reifeverfahrens für Sherry. Der Sherry reift in Fässern, die in drei- oder vierstöckigen Lagen übereinander in den Bodegas liegen. In der untersten Reihe, der Solera, lagert der älteste, ganz oben der jüngste Sherry. Entnimmt man der untersten Reihe etwa ein Drittel des fertigen Sherry, um ihn auf Flaschen zu ziehen, wird diese Menge jeweils aus der darüber liegenden Faßreihe ersetzt.
007 ist bekannt dafür, dass er seinen Wodka-Martini geschüttelt, und nicht gerührt, bevorzugt. Trotzdem kommt es in Man lebt nur zwei mal zu einer Szene, in der ihm Schurke Henderson einen Wodka Martini mit den Worten “gerührt, nicht geschüttelt” anbietet. Ob Bond dies aus Höflichkeit oder aus anderen Gründen akzeptiert, ist nicht überliefert, wohl aber, dass es sich bei dem Wodka um Stolichnaya, der Premium Qualität handelt. Wie Schurken an so was herankommen? Schenkt man Henderson glauben, bekam der regelmäßig ein paar Flaschen vom Pförtner der russischen Botschaft.
In der cinematografischen Geschichte des Superagenten gab es bislang fünf 007-Darsteller, sieht man einmal von der Bond-Persiflage Casino-Royale ab: Sean Connery, Roger Moore, George Lazenby, Timothy Dalton und seit ein paar Jahren Pierce Brosnan. Alle haben höchst unterschiedliche Trinkgewohnheiten (siehe Kasten). Connery scheint ein Freund der harten Sachen zu sein. 50% der in allen Bond-Filmen durch Agentenkehlen gelaufenen Wodka-Martinis, rannen durch seine. George Lazenby trank nur einen einzigen Wodka Martini, er trat allerdings auch nur ein einem einzigen Bond-Streifen in Erscheinung. Vielleicht ist das auch die Erklärung dafür, dass Lazenby unter allen Bonds der größte Schluckspecht ist. Er bringt es in seinem Film auf immerhin 6 Drinks. Dagegen ist Roger Moore mit durchschittlich 3,4 Drinks pro Film fast ein Waisenknabe und meist sind es keine harten Sachen, sondern Schampus.
Auch Connery war als Bond  Champagner-Liebhaber. Drei mal spricht der dem Dom Perignon zu, zweimal einem Champagner, dessen Herkunft nicht genannt wird. Der absolute Champagner-Bond ist jedoch Roger Moore: dreimal Dom Perignon, sieben mal Champagner unbekannter Herkunft und fünf mal Bollinger. Auf den Bollinger-Plätzen gleichauf mit fünf mal kommt Timothy Dalton, gefolgt von vier mal mit Pierce Brosnan. George Lazenby tanzt aus der Reihe. Er trank nur ein einziges mal Champagner (Dom Perignon) und in seinem einzigen Auftritt (Im Geheimdienst Ihrer Majestät) auch ein profanes Bier. Immerhin Budweiser, also ein Premium Bier. Das erste (und bislang einzige Bier) für 007. Aber Bier und Geheimagenten, das passt nicht zusammen. Eher schon der zeitgemäßige Bourbon. Brosnan, der aktuelle Bond, nahm immerhin schon zwei zu sich. Moore und Connery keinen einzigen!
Zwar führt Wodka-Martini mit ingesamt 18 Drinks die Hitliste der Bond-Filme unangefochten an. Stilvoller ist zweifellos Champagner. Läßt man die Marken außer Betracht, ist der prickelnde Tropfen alles in allem 30 mal im Einsatz. Womit der Beweis erbracht wäre, dass 007 Stil hatte und hat.