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Axel Voss - Freier Journalist

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70 Jahre Stewardessen

 Erschienen im Mai 2000 in diversen regionalen Tageszeitungen

Dienerin der Lüfte

Sommerzeit – Millionen Menschen machen Urlaub. Ein Großteil düst mit dem Flieger in die Sonne. Die Flugzeuge sind bis auf den letzten Platz besetzt. Kinder quengeln. Erwachsene warten ungeduldig auf den Service, einige bereits sichtlich angeheitert, obwohl die zwei Wochen ‚Ballermann‘ noch vor ihnen liegen. Mitten drin als ruhender Pol: die Stewards und Stewardessen. Auch im größten Stress immer hilfsbereit und ein freundliches Lächeln auf den Lippen; selbst wenn einige Unbeirrte Gepäckstücke mit an Bord bringen, deren gigantische Ausmaße selbst Frachtexperten zur Verzweiflung brächten.

Was für viele Menschen als Traumberuf gilt, ist in Wirklichkeit ein anstrengender Job, der in den Kindertagen der zivilen Luftfahrt allerdings noch um einiges härter war.
Die elf Passagiere einer dreimotorigen Boeing 80A der United Airlines staunten nicht schlecht, als fast auf den Tag genau vor 70 Jahren, am 12. Mai 1930, eine Dame mit Cape und turbanähnlichem Hut auf der artigen Frisur durch den Kabinengang schritt und nach links und rechts fragte: “Kaffee, Tee oder Milch? Sandwiches mit Schinken,  Thunfisch oder Käse?” Weibliches Kabinenpersonal! Ellen Church hieß die Dame, die als erste  Stewardess in die Geschichte der Luftfahrt eingegangen ist. Zwar hatte die  Lufthansa zwei Jahre zuvor als erste Fluggesellschaft der Welt den Service an Bord eingeführt und einen gewissen Arthur Hofe, der von der Mitropa kam, als allerersten Steward eingestellt. Es gab auch einen “Luftboy”. Warum der so hieß, kann der Chronist zweifelsfrei nicht mehr feststellen, denn mit Luft hatte die Aufgabe nur wenig zu tun: Der Luftboy trug das Gepäck  zur Maschine und half den Passagieren beim Einstieg über dünne Leitern in die Maschinen.
Aber ein weibliches Besatzungsmitglied, das war eine kleine Sensation.
Grund: Damals waren die Aufgaben des Kabinenpersonals erheblich umfangreicher als heute und bedeuteten auch harte körperliche Arbeit. Stewards und Stewardessen hatten Gepäckstücke zu registrieren, Inhalationsgeräte für kranke Passagiere zu bedienen und aufzupassen, dass keine betrunkenen Passagiere zustiegen. In regelmäßigen Abständen war die Kabine auszufegen und dabei die Zeitschriften einzusammeln, die vorher verteilt wurden und aus eigener Tasche zu bezahlen waren. Auch zeichnete das Kabinenpersonal für die Be- und Entlüftung der Kabine verantwortlich, kontrollierte den Höhenmesser und hatte darauf zu achten, das Flugzeug- und Waschraumtür nicht versehentlich verwechselt wurden. Die Damen und Herren der Lüfte nahmen Telegramme auf, für die die Gebühren sofort und in bar kassiert wurden. Die Kreditkarte erblickte erst 1950 das Licht der Welt.
Vor dem Start wurde jeder Passagier genau gewogen. Kein Service für Luftreisende, die gerade eine Schlankheitskur durchführten, sondern ein Tribut an die geringen Nutzlasten der frühen Verkehrsflugzeuge. Was oder wer an Bord wollte, musste vorher auf die Waage.
Landet heute ein Flugzeug, bedeutet dies meist Feierabend für Stewards und Stewardessen. Nicht so vor 70 Jahren. Damals hatte sich das Kabinenpersonal nach der Landung um die Betankung des Flugzeugs kümmern, und es - zumindest bei amerikanischen Airlines -  abends auch in den Hangar schieben!
Auf jeden Fall erkannten die Verantwortlichen schnell, dass die Vielfalt der Aufgaben es erforderte, diese in einem Handbuch mit detaillierten Ratschlägen und Anweisungen zusammenzufassen. Dort stand dann auch zu lesen, dass politische Gespräche zu unterlassen seien bzw. dass diesbezügliche Fragen der Passagiere bestenfalls mit “Ich bin mir nicht sicher..., was meinen Sie” beantwortet werden sollen. Und auf die Frage “Lieben Sie Menschen aus Boston gab es kategorisch nur eine Antwort: “Ich finde jedermann interessant!”
Mrs. Church hatte dagegen andere Vorstellungen ihrer Aufgabe. Sie war lizensierte Pilotin und Krankenschwester und wollte in diesen Eigenschaften Dienst an Bord verrichten.  Die Bosse von United Airlines waren da etwas skeptisch. In einem Brief des Verkehrsbetriebsleiters an den Chef des Passageverkehrs hieß es “es habe eine große psychologische Wirkungen”, Pflegerinnen oder Krankenschwestern an Bord zu beschäftigen, aber Frauen am Steuerruder schienen ihnen nun doch zu gewagt. Die ersten Pilotinnen sollte es erst 1988 geben und einen weiblichen Kapitän, der letztendlich die Gesamtverantwortung für ein Flugzeug hat, führte die Lufthansa erst 1999 ein! 
Vier Jahre dauerte es, bis die Swissair als erste europäische Airline dem amerikanischen Vorbild folgte und ebenfalls Damen für den Service an Bord anwarb; weitere vier Jahre später folgte die Lufthansa, als sie die Focke Wulf FW 200 und die Junkers Ju 90 in Dienst stellte. Nach Angaben der Lufthansa beschrieb ein Fluggast, ein gewisser Herr Heueck, dieses Ereignis mit diesen Worten:
“Es ist Mittagszeit, drunten in den Städten und Dörfern trägt jetzt die sorgende Hausfrau die heiße Suppe auf den Tisch. Wir selbst müssen warten, bis wir an unserem fernen Ziel angelangt sind und unseren hungrigen Magen sättigen können. Da beugt sich eine schlanke Frauengestalt zu uns herab und im Motorengebrumm hören wir ihre freundlichen Worte: ‚Haben Sie vielleicht irgendeinen Wunch?‘. Man will seinen Ohren nicht trauen, aber da steht ja leibhaftig eine Stewardess im schmucken Kleid der Lufthansa und mit netten und lockenden Gerichten auf dem silbernen Tablett vor uns, eine ebenso tüchtige Köchin, wie liebenswürdige Beraterin in allen Fragen, die den Luftverkehr betreffen.”
Das Interesse an dem neuen Beruf bei der Lufthansa war groß, alle wollten zu den “fliegenden Mädchen von Tempelhof”! Allerdings hatten die Bewerberinnen höchst unterschiedliche Vorstellungen von den Anforderungen.
“Ich bin Parterreakrobatin und vermag selbst auf dem Kopf stehend zu servieren”, bemerkte eine Aspirantin, während eine andere Wert auf die Tatsache legte, einmal Fahrstuhlführerin gewesen zu sein. Andere wieder rühmten ihre weißen Zähne, ihre hübschen Beine oder ihr verführerisches Lächeln “dem kein Fluggast widerstehen vermag”.
Der damalige Verkaufsleiter der Lufthansa, Hans Bongers, erklärte in einem Interview: “Es hat sich gezeigt, dass sich eine weibliche Bedienung bei den Passagieren größter Beliebtheit erfreut. Wenn auch mit der Möglichkeit gerechnet werden muss, dass die eine oder andere Stewardess eines Tages statt auf dem Flug- im Ehehafen landet, so sind wir die letzten, die diesen jungen Damen ihr Glück nicht gönnen würden.”
Die ersten Stewardessen der Lufthansa werden nur im Mittelstreckendienst eingesetzt, während auf längeren Routen ‚der gesteigerten Strapazen wegen‘ nur ‚männliche Bedienung‘ arbeitete. Bongers wusste schon 1938 zu berichten: “Der Dienst ist schwer und aufopfernd und bei weitem nicht so romantisch, wie manches junge Mädchen glaubt. Wir legen viel mehr Wert auf Charakterfestigkeit, auf ungekünstelte Liebenswürdigkeit, umfassende Sprachkenntnisse, Welterfahrenheit, Gewandtheit und Beherrschtheit in jeder Situation. Kurz und gut: Wir brauchen Damen von Format, die der Flugzeugkabine eine häusliche Atmosphäre zu geben wissen!”
Die Leipziger Nachrichten schrieben über den neuen Traumberuf: “Gesellschaftsdame an Bord einen Verkehrsflugzeuges zu werden erfordere, den Aufenthalt in der Luft so gut wie eine Möwe zu vertragen. Außerdem dürfe das Gewicht inklusive Reiseköfferchen 57kg nicht übersteigen”.
Traumberuf und harte Arbeit: heute treffen beide Etiketten auf den Flugbegleiter zu. Der Trolley, das Wägelchen mit dem Mahlzeiten und Getränke verteilt werden,  ist schwer. Die trockene Luft an Bord eines modernen Jets ist nicht jedermanns Sache, und randalierende Passagiere kommen bisweilen auch vor. Der Lohn der Mühe ist neben einem, zwar nicht astronomischen, so doch ordentlichem Gehalt, die Möglichkeit von der Welt deutlich mehr zu sehen, als der normale Urlauber.

Kasten 1

Flugbegleiter heute – Chancen für serviceorientierte Einsteiger
Obwohl heute weltweit ca. 240000 Flugbegleiter zwischen Himmel und Erde arbeiten ist der Bedarf nach wie vor sehr groß. Deshalb sind die Zugangsvoraussetzungen für den Beruf etwas gelockert und an die heutigen Erfordernisse angepasst worden. Die Lufthansa bietet fünf bis neunwöchige Schulungen an.
Voraussetzung für die Teilnahme sind fließende Kenntnisse der deutschen und englischen Sprache, Mittlere Reife und ein Wohnsitz, der maximal 50km vom Einsatzflughafen liegt. Weiterhin darf der Reisepass keine Reisebeschränkungen enthalten. Die Altersgrenzen liegen bei 18 bzw. 40 Jahren. Als Mindestgröße sind 160cm vorgeschrieben. Eine Grenze nach oben gibt es im Gegensatz zu früher nicht mehr. Vor Schulungsbeginn müssen die Teilnehmer einen Kursus in Erster Hilfe absolviert haben ( 2 x 8 Stunden) Das Gehalt liegt nach der Probezeit bei ca. 3300 Mark netto. Basis Steuerklasse I (ohne Kinder).  Die durchschnittliche maximale  Flugzeit beträgt bei ca. 10 freien Tagen monatlich 87 Stunden. Wer sich für die Aufgabe interessiert, greift zum Telefon und wählt die Rufnummer 01803- 224366  (0,12 DM je angefangene 40 Sek.). Hier steht die Personalabteilung der Lufthansa von Montag bis Freitag zwischen 9:00 und 21:00 Uhr und am Wochenende zwischen 9:00 und 17:00 Uhr zur Verfügung. Der Anruf wird bereits als ‚Test‘ ausgewertet. Unser Tipp: Gespräch sorgfältig vorbereiten. Wenn Sie über einen Internet-Zugang verfügen, schauen Sie nach unter:

http://www.jobware.de/profile/lufthansa/content/sp_cabin1.html

 

Kasten 2
Eiserne Nerven üben den Wolken
Flugzeugentführungen – Albtraum eines Passagiers und natürlich auch jeder Stewardess.  Traurige Berühmtheit erlangte Gaby Dillmann, 46, die 1977 als 23jährige an Bord der entführten Lufthansa-Maschine von den Medien als ‚Engel von Mogadischu‘ bezeichnet wurde. Tagelang gab sie den Passagieren seelische Unterstützung , verhandelte hartnäckig mit den palästinensischen Entführern und erhielt nach dem rettenden Einsatz der Rettungstruppe GSG 9 das Bundesverdienstkreuz. Anschliessend hing sie ihren Beruf an den Nagel und heiratete ihren Freund, Pilot Rüdiger von Lutzau. Heute lebt die 46jährige im Odenwald, hat zwei Kinder und arbeitet als Bildhauerin.

Karrieren und Eheglück über den Wolken
Viele Ehen und erfolgreiche Karrieren begannen über den Wolken. Sabine Christiansen, flog sieben Jahre lang für die Lufthansa, schrieb regelmäßig für die Bordzeitung und entdeckte ihre Liebe zum Journalismus. 1983 begann sie ein Volontariat beim NDR und moderiert seit 1987 die ‚Tagesthemen‘.
Beate Wedekind begleitete von 1973 bis 1975 Fluggäste der ‚Condor‘ und brachte es anschließend zur Chefredakteurin von ‚Bunte‘ und ‚Elle‘.
Britta Gessler fragte vor 16 Jahren auf einem Flug von Hamburg nach Frankfurt den Passagier Frank Elstner: ‚Wetten dass...?‘
Der Quizmaster liess sich nicht lumpen und lud Britta zum Essen ein. Inzwischen sind die beiden ein glückliches Paar und haben zwei Töchter, 3 und 8 Jahre alt.
Berti Vogts, damals noch aktiver Kicker bei Borussia Mönchengladbach, lernte seine heutige Ehefrau Monika über den Wolken kennen, als diese noch Stewardess bei der Lufthansa war. Gleiches gilt für Nationaltorwart Bodo Illgner und seine Bianca.
Ilke Pflaume, bis 1995 ‚Condor-Stewardess‘ traf vor 5 Jahren TV-Moderator Kai Pflaume (‚Nur die Liebe zählt‘) zwischen Himmel und Erde kennen. Nach der Hochzeit 1996 macht sie den Kabinendienst nur noch in Teilzeit.
Zählen darf auch die Prinzessin Miriam von Brunai. Und zwar Geld. Die Frau des Sultans von Brunei, einer der reichsten Männer der Welt, servierte Haji Hassan das Mittagessen an Bord der ‚Royal Brunei‘, verliebte sich prompt, ist heute Zweitfrau des Herrschers und hat zwei Töchter und einen Sohn