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Axel Voss - Freier Journalist

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Erste Atlantik-Überquerung eines Dampfseglers

 Ausgestrahlt am 24.5.2004 im DeutschlandRadio

Der erste Dampfsegler läuft zu einer Atlantiküberquerung aus. Vor 185 Jahren.
Brennendes Schiff läuft ein, brennendes Schiff läuft ein! Der Führer des Feuerlöschbootes im Hafen von Liverpool hatte sich geirrt. Als der Dampfsegler Savannah am 24. Mai 1819 im gleichnamigen Hafen des US-Bundesstaates Georgia die Anker lichtete, ahnte ihr Kapitän Moses Rogers nicht, dass sein Schiff aufgrund der weithin sichtbaren Rauchwolken bei der Ankunft in Liverpool, 29 Tage später, als schwimmendes Flammenmeer missverstanden wurde. Dampfschiffe und auch Segler, die bei Flaute auf Dampf als Reserveantriebskraft zurückgriffen, waren zu Anfang des 19. Jahrhunderts ausnahmslos in der Fluss-, allenfalls in der Küstenschiffahrt unterwegs. Der britische Ingenieur James Watt hatte 1765 d
ie Dampfmaschine erfunden und sein amerikanischer Kollege Robert Fulton 1815 das erste brauchbare Dampfschiff gebaut, aber ganz profane Naturgesetze hemmten die weitere Entwicklung. Dampfmaschinen hatten vor knapp 200 Jahren nur einen Wirkungsgrad von etwa 3 Prozent - anders ausgedrückt: Der Löwenanteil der durch Kohlefeuer erzeugten Energie ging durch Reibungsverluste der Kolben in den Zylindern, durch mangelhafte Konstruktion der Brenner und der Dampfkessel verloren. Sie verpuffte durch die Schornsteine. Die Savannah war 1819 das erste Schiff, das Dampfantrieb für eine Atlantiküberquerung einsetzte, aber ein reinrassiger Dampfer war sie nicht. Dr. Horst Rulfs, Experte für Dampfmaschinen von der Technischen Universität Hamburg Harburg: Sie ist nicht die komplette Strecke mit der Dampfturbine gefahren, sondern ist einen großen Teil, oder den größten Teil der Strecke gesegelt. Sie war als Fregatte aufgetakelt. Sie war angetrieben mit einer 90 PS, entspricht 70 Kilowatt starken Niederdruck-Dampfmaschine, ein Einzylinder ist das gewesen. Das musste man damals machen, weil die Ladekapazität des Schiffes viel zu gering war, um diese Mengen Kohle mitzunehmen, die man gebraucht hätte, um die volle Zeit unter der Dampfmaschine fahren zu können. Die Savannah hatte eine Ladekapazität von 319 Tonnen. Um ihre 90-PS-Dampfmaschine anzutreiben, waren 300 Kilo Kohle pro Stunde erforderlich, in der das Schiff unter günstigsten Umständen fünf Knoten, also knapp zehn Kilometer, zurücklegte. Um die Strecke Savannah - Liverpool ausschließlich unter Dampf zu bewältigen, hätte sie etwa 250 Tonnen Kohle benötigt, fast 80 Prozent ihrer Nutzlast. Nicht nur die dürftige Energieausnutzung stellte die Ingenieure zu Beginn des 19. Jahrhunderts vor Herausforderungen. Der Betrieb einer Dampfmaschine auf dem Festland war zwar kein Problem mehr. An Bord eines schwankenden Schiffes sah das jedoch anders aus. Die Wassermassen in den Kesseln der Turbine gerieten bei schwerem Seegang ebenfalls in Bewegung und konnten durch ihre Unwucht ein Schiff leicht zum Kentern bringen. Die Savannah war ein Schaufelraddampfer, leistungsfähige Schiffsschrauben gab es aber erst später. Je mehr Kohle verfeuert wurde, desto leichter wurde das Schiff und ragte entsprechend weiter aus dem Wasser, was dazu führte, dass die Radschaufeln nicht mehr optimal ins Wasser greifen konnten. Bei den späteren Schiffen mit Eisenrümpfen konnten die Mannschaften den Gewichtsverlust durch Ballast ausgleichen, der in Form von Wasser in Tanks gepumpt wurde. Holzschiffe wie die Savannah hatten konstruktionsbedingt noch keine Ballasttanks. Zu den technischen Problemen gesellte sich auch noch die Furcht vor der Technik. Die Savannah war als Kombischiff für Fracht und 32 Passagiere konzipiert. Luxuriöse, rosenholzgetäfelte Kabinen mit jeglichem Komfort sollten den Reisenden die Fahrt über den Atlantik so angenehm wie möglich machen. Riesige Spiegel erweckten den Eindruck sehr großer Räume. Die Kabinen erinnerten eher an Luxus-Yachten bei einer Vergnügungsfahrt als an einen Transatlantik-Dampfer. Trotzdem hatten die Menschen Angst vor der neuen Dampftechnik. Man mag Erze, Getreide und allerlei Baumwolle mit Dampfeskraft transportieren, aber gläubige Christenmenschen sollten auf weiten Seereisen diese Höllenmaschinen nicht nutzen und sich fernhalten, bemerkte ein Zeitgenosse. So kam es, dass sich kein einziger Passagier für die Atlantik-Reise der Savannah fand. Auch auf dem zweiten Teil der Reise von Liverpool nach Stockholm fuhr das Schiff leer. Kapitän Rogers war inzwischen so mutlos, dass er drauf und dran war, dass Schiff an den schwedischen König Karl zu verkaufen. Der jedoch war knapp bei Kasse und bot lediglich Hanf im Wert von 100.000 Dollar sowie Eisenerz aus Lappland an. Kein akzeptables Angebot für Rogers, zumal sich für die Weiterreise nach St. Petersburg doch noch zwei Passagiere fanden: ein englischer Lord und sein Neffe. Außerdem hoffte Rogers, in Russland ein besseres Geschäft machen zu können. Zar Alexander I. war bekannt für seine Aufgeschlossenheit gegenüber moderner Technik. Tatsächlich machte der Zar Rogers ein attraktives Angebot - verband es jedoch mit der Bedingung, Rogers müsse in Russland bleiben und dort den Aufbau der Dampfschiffahrt organisieren. Rogers indes wollte zurück zu seiner Familie in die USA und fuhr unverrichteter Dinge mit der Savannah in die Heimat. Auch hier wollte keiner das unrentable Schiff haben. Schließlich wurde die Dampfmaschine für 300 Dollar über eine Anzeige in einer Washingtoner Zeitung verkauft. Fortan verkehrte das Schiff noch für einige Jahre als Baumwollsegler zwischen ihrem Heimathafen in Georgia und New York, bevor es am 5.November 1821 vor Fire Islands nahe New York im Sturm kenterte.