|  | Entscheider fest im Sattel
 Fans des FC Bayern können davon nur träumen: Einmal in der Halbzeit den Rasen betreten zu dürfen, um Stars und Atmosphäre hautnah mitzuerleben. Ganz anders beim Polo. Hier wird geradezu erwartet, dass die Zuschauer 
                                in den Spielpausen auf das Feld laufen und die Schäden, die die Pferdehufe hinterlassen haben, reparieren, in der Fachsprache ‚eintreten‘ genannt.Polo liegt im Trend. Böse Zungen behaupten, nachdem Golf fast schon 
                                zum Volkssport avanciert ist, sei der edle Sport zu Pferde eine der wenigen Möglichkeiten, sich von der Masse abzuheben. “Sicher, Polo ist nicht gerade ein billiger Sport. Der Aktive braucht mindestens zwei, 
                                besser vier, Pferde” berichtet der 33-Jährige Unternehmer und Nationalspieler Christopher Kirsch (Handicap +4) aus Hamburg und betont “Aber mit Schicki-Micki hat das nichts zu tun. Im Gegensatz zu anderen Events im 
                                Pferdesport gibt es bei uns keine Kleiderordnung. Die Damen dürfen ihre Hüte zuhause lassen”.
 Polo ist Rasanz und Dynamik pur. Über das 300 x 200 Yard (274 x 146 Meter) große ‚Field‘ jagen acht Reiter (vier pro 
                                Team), um einen etwa 130 Gramm schweren Holzball mit Schlägern in das gegnerische, 8 Yard (ca. 7,20 m) breite, oben offene, Tor zu dreschen. Ein Tor ist erzielt, wenn der Ball zwischen den Pfosten durchfliegt, wobei 
                                die Höhe keine Rolle spielt. Ob Tor oder nicht, entscheiden die Torrichter hinter den Pfosten mit Schwenken einer Fahne über dem Kopf (Tor) oder vor den Beinen (kein Tor). Polo ist ein Kampfsport, der Teamgeist 
                                erfordert. Beim Spiel geht es richtig zur Sache. Die Pferde erreichen Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 55km/h, und der Ball wird schon mal mit dem vierfachen Speed über 150 Meter und mehr geschlagen:. punktgenau 
                                auf die Kelle eines Mitspielers. Gespielt wird über maximal sechs, meist jedoch vier Chukker (sprich Tschacker) genannte Spielzeiten von 7 Minuten Länge. Für Chancengleichheit sorgt ein Handicap. Im Gegensatz zum 
                                Golf gilt: Je besser der Spieler, je höher das Handicap (siehe Kasten). Dass ein Match im Schnitt länger als eine Stunde, dauert liegt daran, dass bei jedem Pfiff des Schiedsrichters wegen eines Fouls die Uhr 
                                angehalten wird.
 Und das kommt oft vor, denn Verstöße gegen die zum Schutz der Tiere sehr strengen Regeln passieren im Eifer des Gefechts häufig. Fällt ein Reiter vom Pferd, läuft das Spiel weiter, sofern sich 
                                der Spieler nicht verletzt hat. Stürzt dagegen ein Pferd, gerät ein Zaumzeug in Unordnung oder löst sich eine, der die Läufe schützenden, Bandagen, wird das Spiel sofort unterbrochen. Häufigstes Foul ist ein Verstoß 
                                gegen das sogenannte Wegerecht, der wichtigsten Regel im Polosport.
 Sie besagt, dass der Spieler, der seinem geschlagenen Ball auf gerader Linie folgt oder als erster ohne sichtbare Behinderung Anderer auf die 
                                Linie des rollenden oder fliegenden Balls einschwenkt, nicht von anderen Spielern gekreuzt werden darf. Attacken sind nur durch das Abdrängen des Gegners von der ballabgewandten Seite des Pferdes oder durch das 
                                Eintauchen des Schlägers von hinten in den Schlag des Gegners erlaubt.
 Nach jedem Chukker muß der Spieler sein Pferd wechseln. Theoretisch kann also ein Tier im ersten und dritten Viertel eingesetzt werden. Im 
                                ‚High Goal‘, der höchsten Spielklasse, kommt das jedoch nicht vor. Die Spieler besitzen ausnahmslos vier oder mehr Pferde. “Ein Nachwuchspferd ist je nach Trainingsfortschritt ab 5.000 bis 10.000 Dollar zu bekommen, 
                                nach oben hin gibt es für Spitzenpferde kaum eine Grenze” schätzt Christoph Plass vom Hamburger Polo Club (HPC).
 Um auch weniger betuchten, jedoch talentierten, Spielern den Sport zu ermöglichen haben viele Teams 
                                einen Sponsor und tragen dessen Namen. Die Industrie hat das positiv besetzte Image des Polosports längst erkannt. Höhepunkt der Saison ist zweifellos der nun zum dritten Mal stattfindenden Rolex Crown Cup vom 16. 
                                bis 25. August in Hamburg, bei dem sechs Teams aus Deutschland und der Schweiz um die wichtigste Trophäe im deutschen Polosprt kämpfen. “Rolex fördert Polo, weil dieser Sport ein Synonym für unsere Produkte ist. 
                                Eleganz und Präzision, gepaart mit Zuverlässigkeit” so Peter Streit, Deutschland-Geschäftsführer des Uhrenherstellers.
 Auch die Namen anderer Teams lesen sich wie das Who is Who der Top-Adressen in der 
                                Wirtschaft, Wempe, Sal. Oppenheim, AMG, Bentley, Porsche, Veuve Cliequot, Zenith)
 Braucht man Geld, um Polo spielen zu können, oder kann man gar Geld mit dem Polosport verdienen? “Weltweit gibt es vielleicht ein 
                                Dutzend Spieler, die nennenswerte Gagen erzielen” erklärt Christoph Plass. “Mit maximal 200.000 Dollar pro Saison ist das aber, verglichen mit den Millionenbeträgen aus dem Tenniszirkus, nur ein Taschengeld.”
 Im 
                                europäischen Polo-Traditionsland Großbritannien können Profis froh sein, wenn sie 2000 Pfund pro Turnier kassieren. Um über die Runden zu kommen betreiben viele Spieler zusätzlich die Pferdezucht. So auch Thomas 
                                Winter aus Hamburg, Deutschlands einziger Polo-Profi (Handicap +5). Winter beweist hanseatisches Understatement, wenn er von seinem ‚Stall‘ in der Osdorfer Feldmark im Hamburger Westen spricht. Der Stall entpuppt 
                                sich als Deutschlands erster Ausbildungs- und Zuchtbetrieb für Polopferde mit mehr als 70 offenen Boxen und einer für das Polotraining entwickelten Reithalle.
 Parallelen zwischen gutem Management und Polo sind 
                                unverkennbar. Christopher Kirsch meint: “Die, die im Polo was darstellen und gut sind, sind meistens irgendwo auch Macher, die selber irgendwie ein Unternehmen aufgebaut haben, die selber pushen. Und man muss diesen 
                                Druck, diesen ‘drive’ haben. Wenn man nur Erbe ist, sich zurücklehnt und nicht den Biss hat, dann wird man auch nie ein richtiger Polospieler."
   Handicap beim PoloFür jeden Spieler ermittelt die Handicap-Kommission des Verbandes ein persönliches Handicap, das zwischen –2 und +10 liegt. Es orientiert sich nicht an messbaren Ergebnissen, wie etwa erzielte 
                                Tore, sondern am individuellen Gesamteindruck. Die Einzelhandicaps werden zu Teamhandicaps addiert. Das schwächere Team erhält eine Torvorgabe nach der Formel Handicapdifferenz mal gespielte Chukker geteilt durch 
                                maximale Chukkerzahl der Spielklasse.
   Rolex Crown Cup16. – 25. August 2002 in Hamburg Flottbek
 Info: Hamburger Polo Club
 Jenischstr. 26
 22609 Hamburg
 Tel. 040/820681
 Polo im Internet (eine kleine Auswahl) http://www.hamburgerpoloclub.dehttp://www.poloevents.com
 http://www.polosylt.de
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